Erdöl ist umweltfreundlich

 

Erlaubt mir eine Reaktion auf einen Artikel, erschienen in der unabhängigen Monatszeitschrift für Brixen und Umgebung "Brixner", Ausgabe Oktober 2006.

Darin wird in Wort und Bild (Diagramm Ölreserven-Ölverbrauch, copyright ESSO!) dargestellt und untermauert, wie umweltfreundlich, kostengünstig, komfortabel, zeitgemäß und und und... HEIZEN MIT ÖL ist.

Darum möchte ich Gabis diesbezügliche Recherche veröffentlichen:


Ist Öl umweltfreundlich?


Vor Millionen von Jahren legte die Erde einen Teil ihrer Biomasse ab, verfrachtete sie in die Tiefe und wandelte sie durch chemische Reaktionen um. Sie blieb dort, abgetrennt von allen natürlichen Kreisläufen, bis der Mensch sie emporzupumpen begann. Seit nunmehr 150 Jahren wird die zähflüssige Brühe gefördert und wurde zu schwarzem Gold. Den einen brachte sie Paläste und Macht, den anderen Abhängigkeit und Fremdbestimmung, zerbombte Häuser und nicht endend wollendes Elend. Kriege um des Erdöls Willen sind Realität.


Kaum einer denkt beim Heizen unserer kalten vier Wände daran, welche Strecke hinter dem Brennstoff liegt, den wir verheizen. Für Erdöl ist es ein sehr langer Weg. Rohöl wird unter großem Energieaufwand gefördert, über Pipelines und Frachter kilometerweit zu den Raffinerien transportiert, dort destilliert und dann weiter zu den nächsten Verteilerstellen geliefert. Und irgendwann landet es in unseren Heizkesseln.

Dieser hohe Energieaufwand steht in keinem Verhältnis zu jenem von anderen Brennstoffen wie Hackschnitzel oder Holzpellets. Diese stehen im Idealfall und bei Schaffung entsprechender Rahmenbedingungen seitens der politischen Institutionen lokal zur Verfügung, die Verarbeitungs- und Transportkosten minimieren sich um ein Vielfaches und die Wertschöpfung bleibt in der Region. Die Abhängigkeit von anderen - immerhin werden weltweit rund 57%, nach anderen Quellen sogar 80% der benötigten Energie aus Erdöl bezogen - und die Subventionierung der sich bereits Bereicherten reduziert sich bzw. fällt weg. Spätestens dann, wenn es ums Verarbeiten und Transportieren geht, stellt sich die Frage nach der Umweltfreundlichkeit von Öl.


Brennende und rauchende Schornsteine von Raffinerien, sinkende Frachter, undichte Pipelines, schwarzes, klebriges Gefieder sterbender Wasservögel, kilometerlange verseuchte Küsten und tote Ökosysteme - ist dies umweltfreundlich? Ein Liter Öl verunreinigt eine Million Liter Wasser - nach dem Krieg um Erdöl wird der Krieg um des Wassers Willen beginnen.


Beim Verbrennen von Erdöl und anderer fossiler Energieträger wird innerhalb kürzester Zeit (Fachleute sprechen auch vom „Fossilen Furz“) jenes CO2 freigesetzt, das die Natur dem Kreislauf entzogen hatte. Das Heizen mit Holz hingegen verstärkt den Treibhauseffekt nicht. Es verbrennt CO2-neutral: Die Menge an CO2, die dabei entsteht, wurde während der Photosynthese der Atmosphäre entzogen und in Energie und Sauerstoff umgewandelt. Übrigens: Ließe man das Holz ungenutzt verrotten, würde genau dieselbe Menge an CO2 frei. Wer mit Holz heizt, leistet einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz.

Holz ist ein ständig nachwachsender Rohstoff, Erdöl hingegen wird uns nur begrenzt zur Verfügung stehen. Im Jahre 2005 wurde die Verfügbarkeit bei einem weltweiten Erdölverbrauch von 3,8 Mio. t Erdöl und einem geschätzten jährlichen Zuwachs von ca. 1,5% trotz noch vorhandener Ölreserven auf weitere 41 Jahre geschätzt. Allerdings sind diese Lagerstätten so schwer zugänglich, dass deren Förderung aus Kostengründen eingestellt werden wird.


In unseren Wäldern wächst mehr Holz nach als ihnen entnommen wird und verrottet ungenutzt.


Sobald es um Kostenrechnungen geht, steht Heizöl schlecht da.


Im Vergleich zu Pellets ist es - unter Berücksichtigung des jeweiligen Energiegehaltes - um runde 60% teurer, gegenüber Hackschnitzeln sogar um 300%! Auch wenn der Heizölpreis seit August dieses Jahres wegen der veränderten geopolitischen Lage etwas gesunken ist, ist eine fühlbare Preisabnahme nicht absehbar. Spätestens ab 2020 wird der Rohölpreis voraussichtlich wegen steigender Kosten für Entwicklung und Ausbeutung neuer Lagerstätten sogar beträchtlich weiter ansteigen. Die Kosten für Pellets sind im vergangenen Jahr zwar wegen der zunehmenden Nachfrage gestiegen, werden sich jedoch auf ein mehr oder weniger konstantes Niveau einpendeln. Dies zeigen Preisentwicklungsdiagramme aus Deutschland, wo sich die Pelletheizung schon seit längerem etabliert hat.

Ähnlich schlecht steht eine Ölheizung im Vergleich mit anderen Heizsystemen da. Bezieht man Investitions-, Betriebs-, Brennstoffkosten und Förderbeiträge in die Berechnung mit ein, so spart man sich in einem Klimahaus C in rund 20 Jahren mit einer Pelletheizung im Vergleich zu einer Ölheizung satte 20.000 € (vgl. Heizkesselbarometer Verbraucherzentrale Bozen). Dies bei mehr oder weniger gleichem Komfort. Sogar die Ascheentleerung erfolgt automatisch oder muss nur wenige Male im Jahr händisch durchgeführt werden. Und die Anbindung an Sonnenkollektoren ist bei jedem Heizsystem mit Pufferspeicher möglich. Die Kosten für 60% der Warmwasserbereitung und mehr übernimmt dann die Sonne!


Auch Wirkungsgrade sind nur bedingt aussagekräftig.


Durch die Brennwerttechnik können bei der Verbrennung von Öl zwar theoretisch sehr gute Wirkungsgrade erreicht werden, welche jedoch in der Praxis wegen z.B. falscher Dimensionierung oder sommerlichem Teilbetrieb abfallen. Gerade ältere Heizkessel arbeiten mit abnehmender Effizienz, was Mehrkosten mit sich bringt. Für Pelletheizungen konnten Wirkungsgrade um die 93% nachgewiesen werden.

Die letzthin bekannt gewordene Feinstaub-Debatte in Zusammenhang zur Holzfeuerung muss ins rechte Licht gerückt werden.


Bei der sachgemäßen, vollständigen Verbrennung von trockenem Holz in regelmäßig gewarteten Feuerungsanlagen entstehen nur jene Gase und Feststoffe, welche auch bei seiner natürlichen Verrottung frei gesetzt werden.


Problematisch wird die Sache nur, wenn der Kachelofen als kostengünstige Möglichkeit der Müllentsorgung angesehen wird und neben Holz auch Kunststoffe, Hochglanzpapier und dgl. mitgefeuert werden. Moderne Pelletöfen weisen nachgewiesenermaßen geringe Feinstaubemissionen auf.


Die Brixner Fernwärme ist die teuerste im Land und bedient sich noch des fossilen Energieträgers Erdgas.


Hier besteht die Hoffnung, dass auch auf Grund der bevorstehenden neuen Gesetzeslage, welche die Förderung erneuerbarer Energieträger durch Schaffung finanzieller Anreize klar in den Vordergrund stellt (vgl. Haushalt 2007), in Zukunft zur Verwertung von Biomasse übergegangen werden wird. Biomasse selbst zählt auf Grund ihres energetischen Potentials und ihrer Verfügbarkeit zu den interessantesten alternativen Energieträgern. Mancherorts in Südtirol wurden schon Strukturen realisiert, welche Biomasse wie organische Abfälle und landwirtschaftliche "Abfallprodukte" erfolgreich für den Energiegewinn nutzen. Viel umweltschonender und preisgünstiger ist es doch, Mist zu verheizen und dabei als Nebenprodukt auch noch wertvollen Dünger zu gewinnen als weiterhin Gülle auf die bereits überdüngten Wiesen zu streuen und Holzreste oder andere pflanzliche Abfälle ungenutzt verrotten zu lassen!

Man mag es drehen, wie man will. Früher oder später werden wir einsehen müssen, dass wir energetischen Engpässen nur dann entgegensteuern können, wenn wir so viel als möglich Energie einsparen. Umweltschutz und Gesundheitsvorsorge gehen damit einher. Und dann erst stellt sich die Frage nach der Art des Energieträgers.


Dem tragen in zunehmendem Maße gesetzliche Bestimmungen auf EU-, aber auch auf staatlicher Ebene Rechnung. Und hier stehen uns einige wichtige Neuerungen ins Haus.


Ab dem 1. Juli 2009 beispielsweise wird der Wiederverkaufswert jeder Wohnung von einem Energieausweis mitbestimmt werden, für Häuser gilt dies bereits ab dem 1. Juli 2007 bzw. 2008.

Dies wird den Immobilienmarkt beträchtlich beeinflussen, und wir selbst sollten überlegen, welche Maßnahmen wir treffen wollen. Dämmen wir unsere Häuser und nutzen wir so weit als möglich die Sonnenenergie, dann reduziert sich nicht nur unser, sondern der globale Energiebedarf beträchtlich.

Die Kosten für Heizung bzw. Warmwasser betragen nämlich rund 48% bzw. 12% der Gesamtkosten eines durchschnittlichen Haushalts in Südtirol einschließlich Spesen für die Mobilität sprich Auto! Diese belaufen sich immerhin noch auf 30%.

Womit wir beim nächsten Punkt wären. All die restriktiven Verkehrseinschränkungen zur Lösung des Feinstaubproblems in unseren Städten sind doch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, es geht um die Entwicklung eines Gesamtkonzepts, an dem sich alle beteiligen. Seien wir uns der großen Verantwortung bewusst, welche die Entscheidungsträger aber auch jeder einzelne Bürger hat. Es bedeutet Investition in eine menschengerechte Zukunft.


Gabriela Palla, Energieberaterin und Baubiologin

so schaut's aus

veröffentlicht von ala